Results Release Germany 2020

Untitled design (3).png

Das Recruiting-Klima im Wandel: Die Elemente der Talent-Kommunikation wirbeln einen Sturm auf

Das Recruiting-Klima verändert sich zunehmend schneller, denn sowohl Arbeitgeber als auch Bewerber*innen haben Zugang zu größeren Datenmengen als je zuvor. Während die Kandidat*innen nach Zugehörigkeit und Authentizität suchen, kämpfen Unternehmen damit, sich als attraktive Arbeitgeber mit Alleinstellungsmerkmal zu präsentieren. Und obwohl es beeindruckende technische Fortschritte im Recruiting- und HR-Bereich gibt, rufen diese auch Reaktionen auf Kandidat*innenseite hervor, die sowohl die Effizienz von Robotern als auch  dieEffektivität menschlicher Wärme in der Kommunikation suchen.

Daten und Analytics – das neue Wasser der Unternehmen

Wasser ist essenziell für das Überleben und Wohlergehen aller Lebensformen. In ähnlicher Weise sind Daten heute der ausschlaggebende Faktor für Unternehmen. In dieser Hinsicht erlebt der Recruitingprozess seine Blütezeit: nie zuvor standen so viele Daten und Informationen zur Verfügung,  anhand derer der Recruitingprozess geleitet werden kann. Zukünftige Bewerber*innen sind weiterhin in großer Zahl und sehr häufig auf Social Media unterwegs, so z. B. auf Facebook (81 %), Instagram (79 %), YouTube (74 %) und LinkedIn (58 %). 

Auch die Unternehmen sind auf diesen vier großen Plattformen vertreten: 74 % sind auf Facebook, 62 % auf Instagram, 86 % auf YouTube und 99 % auf LinkedIn. Jedoch äußern die Kandidat*innen, nachdem sie über die letzten Jahre vermehrt gezielten Werbekampagnen ausgesetzt waren, eine gewisse Ablehnung gegenüber gesponsertem Content. Es reicht also für Unternehmen nicht mehr aus, einfach nur auf den Plattformen präsent zu sein: die Inhalte müssen auch für die Zielgruppe relevant sein.

Zitat einer/eines Befragten: Die Plattformen zweckmäßig anhand ihrer Funktionen und des jeweiligen Nutzerverhaltens zu nutzen. - Hochschule der Medien Stuttgart

Die gute Nachricht für Unternehmen ist, dass sie ihre Zielgruppe immer noch erreichen können: die Aversion der Bewerber*innen scheint sich nur gegen offensichtlich gesponserten Content zu richten. Nur 52 % von ihnen sagen, dass sie generell offen gegenüber karrierebezogener Werbung auf Instagram sind, aber ganze 70 % derer, die schon mal karriererelevante Inhalte auf der Plattform gesehen haben, haben auch darauf geklickt. Videos und das Story-Format sind nach wie vor beliebt bei jungen Bewerber*innen. 60 % der Unternehmen haben dieses Format ebenfalls übernommen, um mit der Zeit zu gehen und relevant zu bleiben. Jedoch sollte das klassischere Format der Posts bzw. Beiträge nicht vernachlässigt werden – immerhin sehen sich mit 84 % der Bewerber*innen auf einem Instagram-Profil vornehmlich genau diese an. Da die großen sozialen und Karriere-Netzwerke für Unternehmen eine Analytics-Seite anbieten, sollten diese in Kombination mit Marktdaten genutzt werden, um effektive und gezielte Personalmarketing-Strategien zu entwickeln.

Geerdet bleiben – Authentizität als Schlüsselwort

Sogar in der Social-Media-Welt mit ihren gefilterten Fotos und klischeehaften Bildunterschriften sehnen sich Kandidat*innen nach Authentizität. Auf der Suche nach Einblicken in echte Bewerbungsgespräche und typische Arbeitstage suchen deutsche Kandidat*innen weiterhin gerne Bewertungen von Mitarbeiter*innen auf Indeed (42 %), Glassdoor (37 %) oder kununu (31 %). Obwohl sie diese Plattformen hauptsächlich besuchen, um die Bewertungen von Unternehmen anzusehen, stoßen sie dort auch auf ähnliche Stellenanzeigen anderer Arbeitgeber.

Da mehr als die Hälfte (67 %) der jetzigen Bewerber*innen-Generation Bewertungsplattformen bei der Entscheidung, ob sie bei einem Unternehmen arbeiten wollen, zur Hilfe nehmen, können Unternehmen die Gelegenheit nutzen, den Eindruck der Kandidat*innen mitzubestimmen, indem sie sowohl auf positive als auch negative Bewertungen antworten. Die Potentialpark-Studie 2020 zeigt, dass die Reaktion auf negative Bewertungen als wichtiger angesehen wird und dass deutsche Arbeitgeber ihr Engagement auf Bewertungsplattformen enorm erhöht haben: 61 % beantworten nun negative Bewertungen auf kununu (gegenüber 50 % in 2019), und, zu einem geringeren Grad, 11 % auf Glassdoor.

Zitat einer/eines Befragten: Eine gute Mischung aus Information und Menschennähe; sich offen und ehrlich präsentieren. - TH Deggendorf

Den Windschatten von AI und Menschlichkeit nutzen

Entgegen der eingangs verbreiteten Auffassung, dass AI menschliche Arbeitskraft obsolet machen würde, sollten diese nur angeblich widersprüchlichen Kräfte von Unternehmen zusammen eingesetzt werden, um sich in die Zukunft des Recruitings zu katapultieren. In einer Zeit, in der Unternehmen Automatisierungen und HR-Technologien willkommen heißen, haben Bewerber*innen klare Präferenzen hinsichtlich der Phasen des Bewerbungsprozesses, die noch nicht automatisiert werden sollten. Die Mehrheit der deutschen Kandidat*innen steht Chatbots offen gegenüber, wenn sie sich allgemein über Unternehmen und Jobs informieren (54 %) und wenn sie sich bewerben (53 %). Jedoch wären nur 14 % bereit, ihre Fähigkeiten auch in Bewerbungsgesprächen von einem Bot bewerten zu lassen.

Innerhalb des letzten Jahres ist auch das Interesse an Campus-Veranstaltungen wieder gestiegen. Besonders auf Social-Media-Kanälen wünschen sich die Kandidat*innen mehr Updates über zukünftige Veranstaltungen, auf denen sie Arbeitgeber treffen können – ein Sprung von den Top 10 in die Top 3 der wichtigsten Inhalte. Menschlicher Kontakt wird wieder wichtiger für Bewerber*innen. Klar ist, dass AI und Automatisierung gekommen sind, um zu bleiben – gleichzeitig reagieren Talente darauf mit einer sehr ausgeprägten Nachfrage nach menschlicher Interaktion.

Zitat einer/eines Befragten: Die sozialen Medien ersetzen kein persönliches Gespräch mit den Kandidat*innen und tragen lediglich zur groben Informationssammlung bei.

Da ist Licht am Ende des Recruiting-Funnels

Nach einem Jahrzehnt der Entwicklung haben heute endlich fast alle deutschen Unternehmen eine mobil-freundliche Karrierewebseite – jedoch sind nicht alle konsequent und bieten auch mobil-optimierte Stellensuch- und Bewerbungsfunktionen an.

Deutsche Bewerber*innen nutzen ihre Smartphones aktiv bei der Jobsuche (53 %) und dem Besuch von Karrierewebseiten (45 %). Da es unter deutschen Nachwuchstalenten insgesamt immer noch am beliebtesten ist, sich über Karrierewebseiten zu bewerben (71 %), muss Unternehmen jedoch auch bewusst sein, dass die Kandidat*innen auch ihre Bewerbungen vermehrt auf ihren Mobilgeräten ausfüllen – der Anteil stieg im vergangenen Jahr um drei Prozentpunkte auf 15 %, Tendenz steigend, obwohl diese Zahl im europäischen Vergleich (26 %) noch recht gering ist.

Im Bestreben danach, einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen, sind viele Bewerber*innen überzeugt, dass ihr LinkedIn-Profil ihre Bewerbung aufwertet (57 %). Dies steht im Kontrast zu einem geringen Anteil an Bewerber*innen (21 %), die glauben, dass ihr Social-Media-Profil der Bewerbung einen Mehrwert hinzufügen würde. Zudem hat eine Mehrheit ihr LinkedIn-Profil bereits einer Bewerbung beigefügt (64 %). Im Kontext der wachsenden Beliebtheit der Online-Bewerbung ohne Erstellen eines Nutzeraccounts verdeutlicht dies klar die Wichtigkeit einer nahtlosen Nutzer*innenerfahrung von der Jobsuche bis zur Bewerbung, sowohl auf dem Computer als auch auf der Mobilversion.

Frustrationen der Bewerber*innen bei Online-Bewerbungen - Zitat einer/eines Befragten: Angaben aus dem CV nochmal komplett eingeben zu müssen, obwohl das CV auch angehängt werden muss. - HU Berlin

Germany Rankings

Click here to view Full Rankings!

Zusammenfassung: Gewinner, Auf- und Absteiger

Fresenius steht zum neunten Mal in Folge an der Spitze und es sieht nicht so aus, als ob sie die Pole Position bald verlassen würden. Im Gegenteil: dieses Jahr klettert das Forschungsunternehmen im Social-Media-Ranking sogar noch einen Rang nach oben und belegt jetzt den zweiten Platz.

thyssenkrupp darf sich fortan Social-Media-König nennen: mit authentischen, modernen und witzigen Beiträgen haben sie sich den neuen Titel und sicherlich viele zukünftige Follower verdient.

Mit einer Verbesserung von 62 Rängen ist Henkel am meisten aufgestiegen und belegt nun Platz 17 im Potentialpark-Ranking - ein Newcomer, den es zu beachten gilt.

Von den Big 4 schafft es nur Deloitte in die Top 10, macht dort sogar einen Platz gut und steht jetzt auf Rang 4. Es sieht nicht so aus, als ob KPMG (19), PwC (23) und EY (27) mit der Talent Kommunikation von Deloitte mithalten können.

Trotz schwerer Zeiten in der Automobil-Zulieferer-Branche steigen Continental und Mahle auf. Sie stehen der Herausforderung ambivalenter Kommunikation gegenüber: erklären zu müssen, warum sie 2019 Mitarbeiter*innen entlassen, gleichzeitig aber Spezialisten eingestellt haben. Die Branche verändert sich, und Talent-Kommunikation ist ein Mittel, um diejenigen zu erreichen, die man als Unternehmen in der Zukunft braucht.

Auch TÜV Nord steigt im Ranking: Als Dienstleister mit interessanten Projekten müssen sie ihre Kommunikation darauf ausrichten, über Autoplaketten hinaus auch als solcher gesehen zu werden.

Schlüsselergebnisse für Deutschland

Mehr als in allen anderen von Potentialpark untersuchten Arbeitsmärkten in Europa und der Welt sind Bewertungsplattformen weiterhin eine Schlüsselquelle authentischer Informationen für deutsche Bewerber*innen - und die Unternehmen haben dies zur Kenntnis genommen.

72 % der Studierenden und Absolvent*innen gehen auf Bewertungsplattformen, bevor sie sich dazu entscheiden, sich auf eine Stelle zu bewerben - die höchste Rate im internationalen Vergleich.

In Konsequenz haben Unternehmen ihre Aktivität insbesondere auf der beliebten deutschen Bewertungsplattform kununu hochgefahren, wo nun 71 % von ihnen einen Premium-Account besitzen.

Mittlerweile gibt es unzählige Webseiten, auf denen Arbeitgeberbewertungen ein Bestandteil ind. Diejenigen, die darunter speziell Bewertungsplattformen favorisieren, tun dies wegen der hilfreichen (schriftlichen) Bewertungen (63 % sagen dies über kununu und 49% über Glassdoor) und ihrer Glaubwürdigkeit: Mit 52 % der kununu-Fans und 45 % der Glassdoor-Liebhaber*innen ist dieser Grund nicht nur der zweitwichtigste für die jeweilige Plattform, sondern auch der höchste Wert in dieser Kategorie über alle Webseiten hinweg.

Im Vergleich zu letztem Jahr haben deutsche Nachwuchstalente nun auch eine positivere Einstellung gegenüber den einzelnen in den Bewertungen geäußerten Meinungen.

Dies führt dazu, dass mehr als die Hälfte von ihnen sich dazu entschieden hat, sich nicht bei einem Unternehmen zu bewerben, nachdem sie dessen Bewertungen gelesen hat.

Diese Ergebnisse spiegeln den Einfluss wider, die Rezensionen von potenziellen Kolleg*innen auf dem deutschen Arbeitsmarkt haben und wie richtig deutsche Unternehmen darin liegen, durch aktive Präsenz auf Bewertungsplattformen ihre Employer Brand auch weiterhin zu beeinflussen.

Über Potentialpark und die Potentialpark-Studie 2020 

Potentialpark liefert seit 2002 professionelle Marktforschungs- und Beratungsdienstleistungen für einige der größten Arbeitgeber der Welt. Ziel ist es, die Kommunikation zwischen Arbeitgebern und Bewerber*innen zu verbessern. Immer im Fokus: Die Präferenzen der Jobsuchenden und die Bedürfnisse globaler Unternehmen.

Studienteilnehmende: Die Potentialpark-Studie beinhaltet 46,893 Antworten von Studierenden und Absolvent*innen weltweit, darunter 2398 aus Deutschland. Gefragt wurde nach Vorlieben, Frustrationen und Erfahrungen bei der Jobsuche und bei der Bewerbung. Vertretene Studienrichtungen sind u.a. BWL, Ingenieurwissenschaften, Jura und Sozialwissenschaften.

Unternehmen: Weltweit hat Potentialpark in der diesjährigen Studie 792 Unternehmen mit 5,266 Online- Präsenzen evaluiert: Karrierewebseiten, Bewerbungsformulare, Facebook-, Instagram-, YouTube-, Twitter-, LinkedIn-, Xing-, Glassdoor- und Kununu-Profile sowie deren Umsetzung für mobile Endgeräte. Die jeweiligen Präsenzen wurden nach einem standardisierten Kriterienkatalog bewertet. Dieser umfasst 326 Kriterien, die mit den Ergebnissen der Umfrage gewichtet werden, um die Präferenzen der Kandidat*innen zu berücksichtigen. In Deutschland hat Potentialpark dieses Jahr 140 Unternehmen untersucht.

Die Rankings: Als Ergebnisse der Studie erstellt Potentialpark Rankings in vier Themen: Karrierewebseite, Online-Bewerbung, Social Media und Mobile. Diese thematischen Rankings werden zusammengefasst und ergeben das Potentialpark-Ranking der bewerberfreundlichsten Arbeitgeber Deutschlands. 

Untersuchungszeitraum: September – Dezember 2019


Kontaktperson: Christian Holz – Christian.holz@potentialpark.com – +46 85000 2130